Gehirn-gerechtes Lernen – Teil 1: Das Wissensnetz
Der Begriff „gehirn-gerecht“ wurde von Vera F. Birkenbihl geprägt. Man kann jeden Lernstoff gehirn-gerecht machen, indem man die Funktionsweise des Gehirns berücksichtigt. Eines von vielen Modellen dafür ist das Wissensnetz.
Das Wissensnetz
Dazu ein Beispiel: Die Lehrerin spricht im Deutschunterricht über das „Substantiv“. Clemens hat dieses Wort noch nie gehört und kann deshalb nichts damit anfangen. Felix dagegen hat Glück: Sein Vater arbeitet als Chemiker und verwendet zu Hause immer wieder den Begriff „Substanz“. Clemens weiß, was das ist und kann daher „Substantiv“ und „Substanz“ inhaltlich verbinden: Beides bezeichnet etwas, das man anfassen kann.
Clemens ist nicht dumm, nur weil er das Wort „Substantiv“ nicht versteht. Er kennt einfach kein ähnliches Wort – und deshalb „bleibt es nicht hängen“. Vera F. Birkenbihl sagt dazu: „Was wir nicht kennen, können wir nicht wahrnehmen.“ Sie spricht von einem Wissensnetz, das alles umfasst, was wir kennen. Eine neue Information bewegt sich auf das Netz zu wie eine Fliege, die einem Spinnennetz entgegenfliegt. Wenn die Information im Wissensnetz etwas Ähnliches findet, dann bleibt sie hängen. Dadurch wird das Wissensnetz ein wenig dichter, und beim nächsten Mal ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Information im Netz hängen bleibt, größer. Findet die Information nichts Ähnliches, so fliegt sie durch das Netz hindurch und ist verloren.
So spinnen Sie das Netz
Das Wissensnetz-Modell von Vera F. Birkenbihl ermöglicht uns, das Lernen in praktisch jedem Alter auf einfache Weise zu fördern. Der Schlüssel dazu ist ein ausgedehntes und dichtes Wissensnetz, das sich durch Hinzufügen von neuen, ähnlichen Informationen nach und nach wie von selbst bildet. Die Entwicklung dieses Wissensnetzes können Sie fördern, indem Sie dem Gehirn Informationen anbieten. Die Möglichkeiten dazu sind vielfältig:
- Das bekannte Spiel Stadt-Land-Fluss ist eine einfache Methode zur Erweiterung des Wissensnetzes, das auch noch Spaß macht. Die Themenbereiche lassen sich beliebig verändern, wie z.B. Tiere-Farben-Automarken oder auch erweitern, wie z.B. zu Stadt-Land-Fluss-Biologie. Gerade jetzt in der Ferienreisezeit bietet es sich als ideale Beschäftigung an.
- Ermutigen Sie Ihr Kind zum Lesen. Es müssen keine bestimmten Bücher oder Zeitschriften sein. Lesen an sich fördert das Sprachverständnis und die Ausdrucksfähigkeit. Für Kinder und Jugendliche gibt es außerdem eine Reihe von Büchern, die interessante Themen auf kindgerechte Art behandeln. Oft ist sogar in Comics Wissen versteckt, das sich auf diese Weise nahezu unbemerkt im Gehirn einen Platz sucht. Bei einem gemeinsamen Besuch in der Bücherei wird Ihr Kind bestimmt fündig.
- Auch im Fernsehen gibt es interessante Magazine und Dokumentationen – auch speziell für Kinder. Durch das Zusammenspiel von Sprache und Bildern werden komplexe Themen deutlicher und können leichter verarbeitet werden.
- Seien Sie selbst ein Vorbild für Ihr Kind. Ein Kind wird kaum zur Leseratte, wenn die Eltern niemals ein Buch aufschlagen. Wenn die Eltern im Fernsehen nur Sport und Krimis ansehen, wird das Kind kaum von sich aus auf eine Dokumentation umschalten. Denken Sie daran, dass vor allem jüngere Kinder das Verhalten von uns Erwachsenen nachahmen.
Hier finden Sie eine Vorlage zum Spiel Stadt-Land-Fluss (externer Link):
Herzliche Grüße,
Gerda Neumann